HILFE, MEIN*E PARTNER*IN IST PASSIV-AGGRESSIV! WAS TUN?

Eine:r will reden, der:die Andere hüllt sich in Schweigen – wenn der:die Partner:in auf Konflikte mit passiv-aggressivem Verhalten reagiert, kann das die Beziehung auf Dauer stark belasten. Doch woran erkennt man dieses Verhaltensmuster genau und wie geht man in der Partnerschaft damit um? Liebling + Schatz weiß Rat.

Inhalt:

  • Was ist passiv-aggressives Verhalten?
  • Beispiele für passiv-aggressives Verhalten in Beziehungen
  • Was sind die Ursachen?
  • Wie reagiere ich auf passiv-aggressives Verhalten?

„Wenn sie doch einfach mal Tacheles reden könnte und sagen würde, was sie wirklich stört!“ – Thomas ist aufgebracht, als er uns für seine erste Beratung mit seiner Frau Katja kontaktiert. Streiten würden die beiden so gut wie nie. Eher herrsche zuhause oft großes Schweigen, denn eine konstruktive, ehrliche Diskussion sei mit Katja nicht möglich. Mit einem „Nein, es ist nichts“, blockiere sie sofort jeden von Thomas` Versuchen, die Situation zu klären. Die vermeidende Haltung seiner Frau verunsichert ihn und schafft immer mehr Distanz zwischen den beiden.

Wenn Ihnen solche Szenen bekannt vorkommen, haben Sie es möglicherweise mit einer passiv-aggressiven Person zu tun. Wo die Ursachen für passiv-aggressives Verhalten liegen und vor allem, wie man als Partner:in damit umgehen kann, möchten wir in diesem Beitrag einmal genauer beleuchten.

Was ist passiv-aggressives Verhalten?

Menschen mit passiv-aggressivem Verhalten drücken ihren Ärger und ihre Unzufriedenheit nicht auf direkte, sondern indirekte Weise z.B. durch unterschwellige Bemerkungen, Sticheleien oder widersprüchliche Botschaften aus. Der frontale Konflikt wird bewusst oder unbewusst stets vermieden. Diese Art der Konfliktbewältigung kommt in jeglichen sozialen Beziehungen vor.

Wichtig: Nicht jede Person, die sich passiv-aggressiv verhält, leidet automatisch an einer Persönlichkeitsstörung.

Einst wurde sie in extremer Form als psychische Erkrankung tatsächlich in den beiden Klassifikationssystemen DSM und ICD geführt, anhand derer Ärzte und Ärztinnen Diagnosen stellen können. In den neuesten Versionen der beiden Werke gibt es die Diagnose so nicht mehr. Einige Expert:innen sehen passiv-aggressives Verhalten weiterhin als Teil von Persönlichkeitsstörungen, jedoch nicht mehr als eigenständige Erkrankung. Andere wiederum deuten ein solches Verhalten auch als Charakterzug oder Selbstschutz.

Beispiele für passiv-aggressives Verhalten in Beziehungen

Im Alltag kann sich passiv-aggressives Verhalten in ganz unterschiedlichen Formen zeigen und ist durch die verdeckten, widersprüchlichen Botschaften oft nur schwer zu erkennen. Es gibt aber einige Anzeichen, die auf passiv-aggressive Kommunikation hindeuten:

  • Schweigen: Das sogenannte „Silent Treatment“ oder Schmollen wird nicht selten von passiv-aggressiven Menschen als Strafe oder zur Verunsicherung des anderen eingesetzt.
  • Ignoranz: Der passiv-aggressive Part geht während eines Gesprächs einfach weg, hört nicht zu oder reagiert nicht auf Textnachrichten oder Anrufe.
  • Fiese Komplimente: „Toll, wie du mit dem Kleid deine Figur betonst – das muss man sich erstmal trauen“ – hübsch verpackte Beleidigungen wie diese können da treffen, wo es am meisten weh tut.
  • Pseudohumor und Sarkasmus: Wenn verletzende Aussagen mit einem „war doch nur Spaß“ garniert werden, sollten Sie hellhörig werden.
  • Zuspätkommen: Nicht jedes Zuspätkommen ist gleich als passiv-aggressiv zu werten, allerdings wird dieses „Tool“ gerne genutzt, um zu strafen, zu verärgern oder zu trotzen.
  • Sich absichtlich dumm stellen: „Ach, hatten wir das so ausgemacht?“ – eine typische Aussage, wenn Absprachen oder Verabredungen nicht eingehalten werden.
  • Tatsachen verdrehen: Es wird versucht, alle Schuld von sich zu weisen, sodass der:die Andere das Gefühl hat, etwas falsch gemacht zu haben.
  • Jemanden bloßstellen: Der:die Partner:in wird vor einer dritten Person in eine peinliche Situation gebracht.
  • Scheinlösungen anbieten: Lösungen oder Entscheidungen werden sogar als Wohltat für den:die Partner:in ausgelegt, dienen aber eigentlich nur dem passiv-aggressiven Part selbst.

Folgende Sätze klingen zunächst belanglos, deuten aber ebenfalls auf passiv-aggressives Verhalten hin:

  • „Nein, es ist nichts. Was soll denn los sein.“ Passiv-aggressive Menschen schleppen ihre Wut lieber mit sich herum, als sich ehrlich zu offenbaren und lassen ihren Zorn auf subtile Weise an ihren Mitmenschen aus.
  • „Wie du magst, mir egal.“ Passiv-aggressive Partner:innen beenden eine Auseinandersetzung und tun so, als wäre das Thema geklärt – so vermeiden sie es in Konfliktgesprächen offen Stellung zu beziehen.
  • „Ich dachte, das wäre selbstverständlich!“ Durch solche Kommentare kritisieren passiv-aggressive Personen andere von oben herab, ohne offen kommunizieren zu müssen, was sie eigentlich erwartet hätten.

Was alle der aufgeführten Manipulationen gemeinsam haben: Im entscheidenden Moment fallen sie nicht auf, denn oftmals bleiben passiv-aggressive Menschen bei oder trotz ihres Agierens freundlich, sodass Außenstehende die Not des:der Anderen nicht verstehen können.

Passiv-aggressive Menschen verstehen: was sind die Ursachen?

Wie so oft kann keine eindeutige Ursache für eine passiv-aggressive Verhaltensweise ausgemacht werden. Soziale Erfahrungen – oft auch in der Kindheit – tragen höchstwahrscheinlich ihren Teil dazu bei. So könnte es beispielsweise sein, dass ein passiv-aggressiver Mensch selbst in einem Umfeld groß geworden ist, in dem die Bezugspersonen ihrem Ärger sehr laut und explosiv Luft gemacht haben – sodass die Angst vor starken Emotionen und Reaktionen heute einfach zu groß ist und der direkte Konflikt gescheut wird.

Auch ist es möglich, dass die eigenen Eltern bereits passiv-aggressiv kommuniziert haben und solche Kinder nie einen gesunden Umgang mit Konflikten gelernt haben, die Vermeidungsstrategie also übernommen haben. Letztlich fehlt es vielen auch am nötigen Selbstbewusstsein, um für die eigene Position einzustehen.

Auch der Charakter und das Beziehungsverhalten hängen laut einer Studie  der Psychologin Ozlem Ayduk von der University of California zusammen. Es gibt es Hinweise darauf, dass besonders harmoniebedürftige Menschen sehr sensibel auf Zurückweisung reagieren – und zwar mit passiv-aggressiven Strategien wie Schweigen oder Liebesentzug.

Zusammengefasst könnte man also sagen, dass sich Menschen auf diese Weise verhalten, weil..

…sie sich und ihre Grenzen schützen wollen.
…sie sich ihre Autonomie bewahren möchten.
…sie sich so anerkannt und respektiert fühlen.

  • Ein Trugschluss: Dass sich passiv-aggressive Menschen langfristig selbst schaden und sabotieren liegt auf der Hand. Sie haben in der Regel weniger nährende soziale Beziehungen und bleiben in jeglicher Hinsicht hinter ihrem Potenzial zurück.

Wie reagiere ich auf passiv-aggressives Verhalten?

Wenn ein Mensch immer wieder in die passiv-aggressive Verhaltensform rutscht, weil er nicht über seine Bedürfnisse sprechen kann, raten wir seinem Gegenüber:

  • Sich nicht provozieren lassen und nicht mit Wut reagieren
  • Sachlich bleiben, auch wenn es schwerfällt
  • Diskussionen verschieben, wenn diese gerade nicht konstruktiv geführt werden können
  • Sich selbst reflektieren, die Schuld für die Stimmung oder derartige Reaktionen jedoch nicht bei sich selbst suchen
  • Regelungen treffen: Was können wir als Paar tun, wenn wir merken, dass die Gefühle einen von uns übermannen?
  • Wohlwollend sein und dem passiv-aggressiven Part „beweisen“, dass es sicher für ihn sicher ist über das zu sprechen, was ihn wirklich bedrückt.
  • Klar kommunizieren, dass man so nicht mit sich umgehen lässt und dann konsequent bleiben.
  • Sich einen geschützten (ggf. moderierten) Gesprächsraum für Konflikte schaffen, beispielsweise in der Paartherapie.

Manchen Menschen fallen möglichweise selbst passiv-aggressive Verhaltensweisen an sich auf. Hier kann es helfen, die eigenen Gefühle zunächst wahrzunehmen und einordnen zu lernen, statt diese zu unterdrücken. Fragen sie sich: was brauche ich jetzt wirklich? Was kann ich im ersten Schritt selbst tun, um aus dieser Situation bzw. Stimmungslage herauszukommen oder wie kann mich mein:e Partner:in dabei unterstützen? 

Wir von Liebling + Schatz begleiten Sie gerne dabei, mehr Entspannung in Ihrem Beziehungsalltag zu bringen. Aufgrund unserer jahrelangen Praxiserfahrung wissen wir, dass es sogar möglich ist, durch eine lösungsorientierte Kommunikation wieder mehr Nähe herzustellen. Wenn Sie unsere Unterstützung wünschen, kontaktieren Sie uns!

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Foto Credit: Pexels/Mart Production

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