BINDUNGSTRAUMA ERKENNEN UND HEILEN

In Liebesbeziehungen führen erlebte Bindungstraumata nicht selten zu einer Konfliktdynamik. Wie können Paare Wege finden, diese Herausforderung zu bewältigen? Liebling + Schatz weiß Rat.

Inhalt:

 

Eigentlich wünscht sich Anne nichts sehnlicher als eine erfüllte Beziehung. So richtig fallen lassen konnte sie sich aber in ihren bisherigen Partnerschaften leider noch nie. So ist es auch mit Florian: auch wenn die beiden nun schon eine Weile zusammen sind, fällt es der jungen Frau schwer, sich ihrem Partner zu öffnen, ihm zu vertrauen. Sie hat große Angst davor, ihre Unabhängigkeit zu verlieren, wenn sie sich voll und ganz auf ihr Gegenüber einlässt. All das nimmt der Beziehung die Leichtigkeit. Auch Florian weiß nicht so recht, wie er mit dem Verhalten seiner Partnerin umgehen soll, weshalb die beiden uns in der Praxis gegenübersitzen. Wie sich in unseren Gesprächen herausstellt, gehen die Gründe für Annes Beziehungsmuster bis in ihre Herkunftsfamilie zurück – sie hat in ihrer Kindheit ein Bindungstrauma erlebt.

Was bedeutet Bindungstrauma?

Als Bindungstrauma bezeichnet man vor allem (früh-)kindliche Bindungserfahrungen, in denen das Kind toxischem Stress, wie zum Beispiel durch Verlusterfahrungen, Vernachlässigung oder Gewalteinwirkungen ausgesetzt war. Häufig spricht man auch vom „Entwicklungstrauma“, aus dem hervorgeht, dass das Kind in seiner gesunden Entwicklung gestört wurde – und zwar aufgrund schwieriger Beziehungen zu wichtigen Bindungspersonen, meist den Eltern.

Mögliche Ursachen für ein Bindungstrauma bei Menschen, die…

…in einem gefühlskalten, chaotischen Elternhaus aufgewachsen sind

…physische, psychische, sexualisierte Gewalt erlebt haben

Ablehnung und Demütigung erfahren haben

früh Verantwortung für Eltern oder Geschwister übernehmen mussten –

…psychisch kranke Eltern hatten (Depressionen, Suchtkranke, Persönlichkeitsstörung)

…mit einer unentdeckten Entwicklungsstörung aufgewachsen sind (z.B. Autismus)

 

Betroffene Kinder sind verunsichert im Umgang mit anderen Menschen und haben nicht die Chance zu lernen, wie sie ihre Gefühle selbst regulieren können. Bereits im Kindesalter sind die Auswirkungen eines solchen Traumas zu erkennen. Bleiben sie allerdings unbehandelt, bestehen sie bis ins Erwachsenenalter, wenn auch in abgewandelter Form. 

Was ist der Unterschied zwischen einem Bindungstrauma und einer Bindungsstörung?

Während eine Bindungsstörung die langfristigen Schwierigkeiten einer Person in Bezug auf Bindungen und Beziehungen beschreibt, weist ein Bindungstrauma auf spezifische traumatische Erfahrungen in der Kindheit hin, die diese Schwierigkeiten im weiteren Verlauf des Lebens verursachen können.

Wie entsteht ein Bindungstrauma?

Bindung ist ein wesentlicher Bestandteil für das Bilden von Urvertrauen: Schon Neugeborene sind darauf „gepolt“, bei ihren Bezugspersonen Schutz und Trost zu suchen. Es gehört zu den frühkindlichen Grundbedürfnissen.

Die frühen Bindungserfahrungen begleiten unser ganzes Leben – von Geburt an. Ein Kind, das sich geliebt und sicher fühlt, hat es höchstwahrscheinlich später einfacher im Leben – und in seinen Beziehungen.

Erlebt ein Kind in seinem Bindungssystem hingegen Zurückweisung, Ablehnung oder sogar Gewalt in Form von Missbrauch, kann dies tiefe Spuren in seiner Seele hinterlassen und stark negative Auswirkungen auf die Bindungsfähigkeit haben. Das betrifft auch selbst scheinbar subtilere Erlebnisse, denn: Kinder können oft noch nicht wirklich einschätzen, wann etwas lebensgefährlich ist und so kann es sich vielleicht schon sehr beängstigend anfühlen, wenn Mutter oder Vater einmal nicht da sind.

Diese Erfahrungen können dazu führen, dass Kinder ihre eigenen Emotionen fortan unterdrücken, Schwierigkeiten haben, anderen zu vertrauen oder sich so sehr anpassen, weil sie glauben, dann geliebt und nicht verlassen zu werden.

Wie zeigt sich ein Bindungstrauma in der Partnerschaft?

Menschen mit Bindungstrauma neigen dazu, unbewusst Beziehungsmuster aus der Kindheit zu wiederholen. Das zeigt sich sowohl in Freundschaften als auch im Job, am stärksten jedoch in der Partnerschaft. Oft liegt bei Menschen mit Bindungstrauma ein Vertrauensproblem zugrunde, das sich auf unterschiedliche Weise zeigen kann: Die einen halten deshalb möglichst viel körperlichen und/oder emotionalen Abstand, andere suchen ständig die Bestätigung, dass sie vom Partner oder der Partnerin geliebt werden.

Besonders wenn ein Mensch in seiner Kindheit geschlussfolgert hat, dass er so angepasst und brav wie möglich sein muss, um immerhin noch ein wenig Anerkennung und Liebe von seinen Bezugspersonen zu bekommen, verbiegt er sich in seinen späteren Beziehungen bis zur Erschöpfung – um das Gegenüber von sich zu überzeugen, geliebt zu werden. Besonders gefährlich für die seelische Gesundheit ist es, wenn es zum sogenannten „Trauma Bonding“ kommt.

Was ist Trauma Bonding?

So paradox es auch klingen mag: Wer vom sogenannten „Trauma Bonding“ betroffen ist, kann in ungünstigen, toxischen Beziehungskonstrukten Vertrautheit durch die eigene Kindheit erleben. Dadurch können ablehnende und zurückweisende Partner:innen Sicherheit vermitteln.

! Menschen, die glauben, dass sie in einer traumabedingten Beziehung gefangen sind und sich nicht daraus lösen können, sollten professionelle Hilfe in Anspruch nehmen, um Unterstützung bei der Bewältigung dieser schwierigen Situation zu erhalten.

Bindungstrauma und Sexualität

Die Auswirkungen von Bindungstrauma auf die Sexualität sind von Person zu Person unterschiedlich.

  • Selbstwertprobleme: Negative Gedanken über die eigenen Körper oder bzw. die eigene Attraktivität können zu Unsicherheit im sexuellen Kontext führen.
  • Angst vor Nähe: Haben Betroffene ohnehin schon Schwierigkeiten, sich ihrem:ihrer Partner:in emotional zu öffnen, kann sich dies auf die Fähigkeit auswirken, intime Beziehungen einzugehen.
  • Flashbacks:In besonders akuten Fällen, kann sexuelle Intimität traumatische Erinnerungen oder Gefühle aus der Kindheit hervorrufen.
  • Hemmungen: Aus Angst vor Zurückweisung unterdrücken Betroffene ihre Vorlieben oder Wünsche.

Welche Therapieform empfiehlt sich bei einem Bindungstrauma?

Beziehungen, in denen eine oder beide Partner:innen ein Bindungstrauma haben, können herausfordernd sein. Aber: sie sind keineswegs zum Scheitern verurteilt. Mit der richtigen Unterstützung, vor allem durch eine Paartherapie, können Paare Wege finden, gesündere Bindungsmuster zu entwickeln.

 

Wir von Liebling + Schatz können aufgrund unserer langjährigen Praxiserfahrung sagen: Wer sich mit seinen eingeprägten Beziehungsmustern auseinandersetzt und sich davon lösen möchte, gewinnt eine neue Form der Freiheit, denn man ist seinen Mustern keineswegs ausgeliefert, sondern kann sie mitgestalten. Wenn Sie unsere Unterstützung wünschen, kontaktieren Sie uns!

 

Sie möchten gerne mehr über eine Paartherapie bei uns erfahren? Dann schauen Sie gerne einmal hier vorbei.

Foto-Credit: Unsplash/Susan Wilkinson

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